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Rittertage mit 50 Kindern in der Reformierten Kirchgemeinde Menziken-Burg

Aktualisiert: 3. Apr. 2023

Die Idee, in Menziken mit 50 Kindern «Rittertage» durchzuführen, bietet sich förmlich an: Menziken hat einen Ritter im Wappen, es gibt eine Junkerackerstrasse, Burg hat es schon im Ortsnamen, in Beromünster ist sogar heute noch der Hauptsitz der Päpstlichen Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem, welche man noch jedes Jahr am Auffahrtsumritt den Gemeindegrenzen von Menziken entlang beobachten kann. Schon in dieser Einführung bemerken wir also, dass das Rittertum nicht bloss etwas aus längst vergangenen Zeiten ist, sondern dass es noch lebendig ist, wenn man seinen Blick dafür geschärft hat. Denn offensichtlich sind die heutigen Ritter nicht unbedingt.




Das Rittertum entstand in monarchisch-hierarchischen Gesellschaftssystemen zur Verteidigung des Christentums. Anstatt um Geld, wie heutzutage, ging es sehr viel darum, etwas für die Gesellschaft zu tun und dafür etwas Ehre und Ansehen zu erhalten. Der Verleiher der Ehren hatte das «Fons honorem», den «Brunnen der Ehre», welcher auch heute noch gilt. Nicht jedermann kann einen Titel verleihen, sonst wäre jener auch nichts wert. So waren es Königshäuser, welche dies durften und teilweise heute noch dürfen und natürlich das Papsttum. Angefangen hat die grosse Zeit des Rittertums in Europa nämlich im Jahr 1098, als Papst Urban im Französischen Clermont-Ferrand zum ersten Kreuzzug aufrief, um die Jerusalem-Pilger vor dem immer stärker aufkommenden kriegerischen Islam zu beschützen. So waren es auch Ritter, welche vor ca. 850 Jahren die Iberische Halbinsel mit dem heutigen Spanien und Portugal von den Mauren zurückeroberten. Die berühmtesten davon waren die sagenumwobenen Tempelritter, welche von 1118 bis 1312 bestanden und derart sagenhaft reich waren, dass sie ums Jahr 1312 vom Französischen König Philip IV. bekämpft und teilweise ermordet wurden. Papst Clemens V. musste den Orden dann auf dem Konzil von Vienne auflösen. Der Französische König hatte unglaublich hohe Schulden bei den Templern. «Honi soit que mal y pense», wie der Wahlspruch des Britischen Hosenbandordens heute noch heisst: «Wehe dem, der Schlechtes davon denkt».


Und somit ist dieser kriegerische Teil der Rittergeschichte zum Glück Geschichte und Vergangenheit. Was übt also heute noch die Faszination von Rittern und Damen aus? (Wobei man wissen muss, dass die weiblichen «Ritterinnen» eben «Damen» sind. Noch heute ist das britische Pendant zum «Sir» die «Dame» als Adelstitel, verliehen vom Königshaus.) Ja, es sind die «ritterlichen Tugenden», im Christlichen Glauben begründet, den es damals wie heute zu verteidigen galt, welche heute noch gültig sind.


Die Kinder durften zwischen dem 13. und 16. Oktober diese Tugenden auf spielerische Art und Weise erfahren und versuchten, diese sogar auswendig zu lernen. Die Treue: Ein Mann, ein Wort – Eine Frau ein Wörterbuch … (äähhhh … natürlich halten auch Frauen Wort!). Die Mässigung: Der Verstand sollte in allen Dingen die Oberhand behalten, massvolles Handeln. Die Tapferkeit: Übt ihr Kinder eines Tages im Erwachsenenleben ein öffentliches Amt aus, braucht es manchmal Mut, Schlauheit, Überzeugungskraft und Rückgrat, zu seiner eigenen Meinung zum Wohl der Gesellschaft einzustehen. Wichtig ist natürlich die Frömmigkeit: Aus dem Glauben schöpften die Ritter und schöpfen wir auch heute noch Kraft, Trost und Zuversicht, aber auch die Barmherzigkeit/Grosszügigkeit: Wer grosszügig ist, erntet Grosszügigkeit. Wer geizig ist, erntet Geiz. Seid grosszügig und lebt in Demut: bleibt selbst bescheiden. Alles, was ihr tut, kommt in einer Form zurück. Helft anderen, so wird euch geholfen, aber bleibt in allem bescheiden. Wie eingangs beschrieben, bleibt noch die Ehre: Es gibt noch andere Massstäbe als «Lohn» in Geldform. Künstlern beispielsweise arbeiten für «das Wahre, Schöne, Gute», wie es als Inschrift über Frankfurts Alter Oper heisst. Manchmal braucht es lange, bis die Gesellschaft sieht, was ihr Gutes getan habt. Erwartet also nicht einmal die Ehre. Manch ein Künstler erhielt die Ehre erst nach seinem Tod. Auch ein guter Wein braucht Zeit zum Reifen. Manchmal muss man also zum Wohle der Gesellschaft in Jahrhunderten denken.


Als der schreibende Pfarreisekretär eines Nachmittags die Junker und Jungfräulein im Saal des Kirchgemeindehauses besuchte, war er beeindruckt, wie ruhig und konzentriert fünfzig Kinder aus der Ritterschule sein konnten. Thomas Leuenberger, der Leiter der Rittertage, hatte das ganze Programm sehr professionell aufgebaut, welches vor geeigneter Kulisse im Saal der ritterlichen Atmosphäre Ausdruck gab. Natürlich wurde auch an der äusserlichen Ausrüstung gearbeitet. So entstanden wunderschöne Schilder, Schwerter, Ritterkleider und farbige Pferde. Nicht zuletzt sind diese Rittertage auch komplett gelungen dank vieler Helferinnen und Helfer. Ein herzliches Dankeschön, ohne euch wäre so etwas nicht möglich. Den würdigen Abschluss bildete am Sonntag, 16. Oktober, der #148 Familiengottesdienst. Dabei wurden alle Kinder zu Rittern geschlagen.

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